Beten Katholiken Götzen an?
Es wird häufig behauptet, dass Katholiken Götzen in Form von Statuen anbeten und damit gegen das biblische Bilderverbot verstoßen. Als Beleg wird oft 2. Mose 20,3–5 zitiert:
Es wird häufig behauptet, dass Katholiken Götzen in Form von Statuen anbeten und damit gegen das biblische Bilderverbot verstoßen. Als Beleg wird oft 2. Mose 20,3–5 zitiert:
Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
Du sollst dir kein Kultbild machen und keine Gestalt von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor ihnen niederwerfen und ihnen nicht dienen.
2. Mose 20,3–5In diesem Artikel werden wir auf die Heiligenverehrung, Fürbitte der Heiligen, den Begriff des Gebets und der "Anbetung", so wie auf weitere theologische Irrtümer über die "Vermittlung" von Gnaden eingehen.
Verehrung von Statuen in der Bibel
Das Erste Gebot bedeutet, dass es darum geht, nichts neben Gott zu stellen und diesen Dingen nicht zu dienen. Dass es sich nicht um ein generelles Bilderverbot handeln kann, zeigt 2. Mose 25,18–22, wo Gott die Anfertigung von Bildnissen der Cherubim befiehlt:

Du sollst auch zwei Cherubim aus Gold machen; in getriebener Arbeit sollst du sie an den beiden Enden der Deckplatte machen. [...]
Dort will ich mit dir zusammenkommen, und von der Deckplatte herab, zwischen den beiden Cherubim, die auf der Lade des Zeugnisses sind, alles zu dir reden, was ich dir auftragen will für die Israeliten.
2. Mose 25,18–22
Es ist ebenfalls historisch belegt, dass Juden Ikonen in ihren Synagogen zur Schau stellten, welche verschiedenste Szenen darstellten1.
Ebenso werden Engel und andere irdische Objekte in 1. Könige 6in die Wände des salomonischen Tempels eingemeißelt.
Anbetung von heiligen Bildern in der Bibel
Ein Vorbild auf Heiligenbilder und Statuen finden wir in 4. Mose 21,8–9:
Da sprach der HERR zu Mose: „Mache dir eine Feuerschlange und befestige sie an einer Stange! Jeder, der gebissen ist und sie ansieht, soll am Leben bleiben.“ Mose machte also eine Schlange aus Bronze und befestigte sie an einer Stange.
Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der bronzenen Schlange aufsah, blieb er am Leben.
4. Mose 21,8–9
Das Buch der Weisheit kommentiert dies in Weisheit 16,5–7:
Denn als sie von grässlichen Tieren gebissen wurden und umkamen, entbrannte dein Zorn nicht bis zum Ende. Zur Warnung wurden sie nur kurz in Schrecken versetzt und bekamen ein Rettungszeichen, damit sie sich an die Vorschrift deines Gesetzes erinnerten.
Wer sich dorthin wandte, wurde nicht durch das gerettet, was er anschaute, sondern durch dich, den Retter aller.
Weisheit 16,5–7
Hier wird speziell betont, dass nicht das Bildnis selbst rettet, sondern Gott der Retter ist, der Anblick des Zeichens allerdings keine Anbetung der Schlange als Gott ist.
In Johannes 3,14–15 bezieht sich Jesus dann auf die eherne Schlange als Vorausdeutung auf sich selbst:
Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm ewiges Leben hat.
Johannes 3,14-15
Wenn also das Niederfallen vor der Bundeslade und dem ehernen Stab nicht unter das erste Gebot fällt, und im Gegenteil noch gelobt und belohnt wird, soll das Niederfallen vor einem Kruzifix dann verdammt sein?
Biblische Praxis der Fürbitte
Aber nun zur eigentlichen Frage: Warum sollten wir Heiligen verehren? Ein Gemälde anzuschauen reicht doch aus, um uns der Heiligen zu erinnern?
Zunächst: Ja, Katholiken "beten" zu Heiligen und zu Maria für ihre Fürbitte, aber sie verehren sie nicht als eine "Göttin". Es gab zwar angeblich den Kult des Kollyridianismus, welcher im frühen arabischen Christentum Maria als Göttin verehrt haben soll, historische Referenzen sind allerdings ungenau (und Maria als Göttin zu sehen, ist absolut nicht katholisch und war es auch nie).
Die katholische Praxis der Fürbitte ist biblisch belegt in Hiob 42,7-8:
Fürbitte Hiobs für seine FreundeNachdem aber der Herr diese Worte zu Job geredet, sprach er zu Eliphaz, dem Themaniter: Mein Zorn ist entbrannt wider dich und deine beiden Freunde, denn ihr habt nicht recht vor mir geredet, wie mein Diener Job.
Darum nehmet euch sieben Stiere und sieben Widder und gehet zu meinem Diener Job und bringet ein Brandopfer für euch dar; Job aber, mein Diener, soll für euch Fürbitte tun, so will ich gnädig auf ihn schauen, dass euch die Torheit nicht zugerechnet werde; denn ihr habt nicht recht vor mir geredet, wie mein Diener Job.
Hiob 42,7-8
Hier ist gut zu erkennen, dass Gott den Gebeten von Gerechten mehr Gnade schenkt als denen, die nicht versuchen, Gottes Willen zu folgen. Das ist komplett logisch: warum sollte Gott jemandem, der zwar betet, aber sonst nicht rein von Sünde vor dem Herrn ist, erhören? Wem gibt man als Vater eher einen Schokoriegel: einem Kind das eifrig versucht, dem Vater zu gefallen, oder dem Kind das ständig Probleme bereitet?
Die Fürbitte Mariens
Die Heiligen sind Seelen im Himmel, sie sind daher ohne jeglichen Makel, allerdings unterschiedlich in ihren Verdiensten, die sie auf Erden hatten. Den höchsten Verdienst hatte Maria, da sie die Mutter Gottes war. Insofern ist sie diejenige, deren Fürbitte am meisten Kraft bei Gott hat:
Und da der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein! Jesus aber sprach zu ihr: Weib! Was soll dies mir und dir? Noch ist meine Stunde nicht gekommen.
Johannes 2,3-4
Jesus ändert hier seine Meinung, seine Stunde, sein erstes Wunder zu tun, sei noch nicht gekommen, auf Fürbitte seiner Mutter:
Jesus sprach zu ihnen: Füllet die Krüge mit Wasser! [...]
Johannes 2,7
Zwar wusste er vorher schon, dass seine Mutter ihn fragen würde, aber "ändert" dennoch seine ursprüngliche Meinung auf Druck seiner Mutter.
Die Verehrung Mariens
Die Bundeslade im Alten Testament ist nichts anderes als ein Bild auf Maria, welche den Herrn in ihrem Bauch trug (vgl. den Tanz Elisabeths in Lukas 2 mit dem Tanz Davids vor der Bundeslade in 2. Samuel 6).
Josua fällt ebenfalls vor der Bundeslade nieder und betet Gott an (aber natürlich nicht die Bundeslade als Objekt selber, wie es die Israeliten mit ihrem goldenen Kalb in der Wüste taten).
Josue aber zerriss seine Kleider und fiel vor der Lade des Herrn auf sein Angesicht zur Erde, bis zum Abend, er und alle Ältesten Israels; und sie streuten Staub auf ihr Haupt, ...
Josua 7,6
Es wird hier auch deutlich, dass das Niederwerfen (dulia) nicht gleichbedeutend mit Anbetung als Gott (hyperdulia) ist. Die Bundeslade ist das Objekt, auf dem Gott ruht, nicht Gott selber.
Wenn also Elisabeth Maria preist, und ein Engel des Herrn Maria preist als "theotokos" (Unbefleckte), wieso sollte es uns verboten sein, sie zu preisen?
Heilige als Mittler der Gnade?
Wenn die Heiligen aber Gnade vermitteln, widerspricht das dann nicht 1. Timotheus 2,5-6?
Denn einer ist Gott, einer auch ist Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus, welcher sich selbst als Lösegeld hingegeben hat für alle, ein Zeugnis zu seiner Zeit, ...
1. Timotheus 2,5-6
Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass Katholiken zwei Arten von Gnade kennen: Die heiligmachenden Gnade des Glaubens (welche uns das ewige Leben gibt und nur von Christus kommt) und die alltäglichen Gnaden (welche unseren Willen stärken, sich ganz dem Willen Gottes hinzugeben und nicht mehr zu sündigen).
Wir können also nicht Maria um das ewige Leben bitten (allerdings können wir sie bitten, für uns Fürbitte zu leisten, für uns Gott zu bitten, dass er uns die Gnade des Glaubens wieder schenke, wenn wir Zweifel haben).
Alle Gnade kommt von letzendlich von Gott, aber nicht alle Gnade kommt direkt und ohne Beihilfe. Gott gebraucht Gebete und Opfer (wie im Alten Testament), nicht weil er es "bräuchte", sondern weil es ihm gefällt, wenn Menschen ihn ehren. Gott benutzt seine Geschöpfe als Werkzeuge oder "Mittler" (wie Hiob), aber nicht als Ersatz für seinen Sohn.
Das Niederwerfen und Ehren ist in der Bibel nicht ausschließlich auf die Anbetung Gottes beschränkt. Beispiele finden sich in Genesis 37,7 (Die Garben der Brüder Josefs verneigen sich vor ihm) undGenesis 42,6 (Josefs Brüder verneigen sich vor Josef).
Wer ist heilig?
Die Verehrung der Heiligen ist somit - genau wie die Verehrung der Bundeslade - keine Verehrung des gemalten Bildes, sondern des Heiligen dahinter und basiert darauf, dass sie die Ähnlichkeit (griechisch "eikon", Bild) Gottes erlangt haben.
Wir alle aber, die wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen wie in einem Spiegel, werden verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, nämlich vom Geist des Herrn.
2. Korinther 3,18
Für Gott spielt es keine Rolle, ob der Körper des Heiligen tot oder lebendig ist, da die Seele unsterblich ist (und die Heiligen das ewige Leben erreicht haben).
Wir können also wissen, dass die Fürbitte von gerechten Menschen mehr bringt als unser eigenes Gebet. Insofern beten Katholiken "Maria, bitte für uns": keine Anbetung als Göttin selber, sondern eine Fürbitte, dass Gott unser Gebet gnädig annimmt, so wie Hiobs Freunde.
Aber woher wissen wir dass jemand im Himmel ist und nicht vielleicht in die Hölle verdammt wurde (und somit das Gebet nicht ankommt, da Gott das Gebet der Ungerechten nicht beachtet, siehe Kain / Abel)? Die Kirche hat hierfür den Prozess der Heiligsprechung eingesetzt, aber dessen Entstehung zu umschreiben, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Historische Entwicklung

Historisch gesehen ist sowohl die Praxis der Marienanbetung festgehalten im Gebet "Unter deinen Schutz und Schirm, fliehen wir, o Gottesgebärerin", überliefert aus dem 3. Jahrhundert:
Sub tuum praesidium (3. Jahrhundert n. Chr.)Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, o heilige Gottesgebärerin. Verschmähe nicht unser Gebet in unsern Nöten, sondern erlöse uns jederzeit von allen Gefahren, o du glorreiche und gebenedeite Jungfrau.
Sub tuum praesidium
Das siebte ökumenische Konzil von Nizäa (787) rechtfertigte ebenso die Verehrung von Ikonen von Christus, seiner Mutter, Engeln und Heiligen. Die Rechtfertigung basiert auf der Inkarnation Gottes in Christus:
Indem er einen menschlichen Körper und eine menschliche Natur annahm, machte sich Gott sichtbar und materiell. Die Ehre, die heiligen Bildern erwiesen wird, ist eine 'respektvolle Verehrung', nicht die Anbetung, die Gott allein gebührt.
Die christliche Verehrung von Bildern ist nicht götzendienerisch, weil die Ehre, die einem Bild zuteilwird, auf das Urbild übergeht, also auf die dargestellte Person. Bilder sind an sich bloße Dinge, aber sie führen uns zum menschgewordenen Gott.
Über die Verehrung von Ikonen und heiligen Bildern
Ebenso schreibt Theodor von Studion (759–826):
Der heilige Lukas, der Evangelist, malte die ersten Bilder der heiligsten Gottesmutter, die er auf einem Brett verewigte, und von diesen überlieferten Bildern gibt es bis heute noch viele Kopien.
In Kolosser 1,15–18 wird Christus als Bild Gottes beschrieben:
welcher das Ebenbild Gottes ist, des Unsichtbaren, der Erstgeborne vor aller Schöpfung;
Kolosser 1,15
Die Menschwerdung Christi wird ja nicht als Verstoß gegen ein Bilderverbot gesehen. Jesus Christus als Bild des unsichtbaren Gottes ist etwas völlig anderes als das goldene Kalb.
Wenn Gott sich in einer bestimmten Weise zeigt (z. B. im brennenden Dornbusch oder in der menschlichen Gestalt Jesu), können diese Erscheinungen auch abgebildet werden.
Zusammenfassung
Die Heiligen sind Spiegel Christi und eine Verehrung ihrer ist eine Verehrung Christi, welcher sich durch diese Werkzeug verherrlicht hat. Die Angst, die Anbetung Christi würde dadurch zu kurz kommen, ist damit ausgeschlossen, denn eine Verehrung der Heiligen ist eine Verehrung Gottes.
So wie Christus sich fleischlich dargestellt hat (er hätte schließlich nicht Mensch werden müssen, es hat ihm nur gefallen, um uns ungläubigen Menschen zu helfen), so spiegelt er sich auch in den Heiligen wieder.
Wenn es also Gott gefällt, wenn man das Kreuz und seinen körperlich gewordenen Sohn verehrt, so auch die Heiligen, welche seine Spiegelbilder sind.