Die Grenzen päpstlicher Autorität
In diesem Vortrag argumentiert Dr. Dr. Gregorius Hesse gegen den „Papalismus‟, eine Häresie, die besagt, der Papst dürfe alles tun. Er erläutert die wahre Rolle des Papstes als Stellvertreter Christi, der an die göttliche Offenbarung, Dogmen und die unveränderliche Tradition (*Status Ecclesiae*) gebunden ist.
- Die Häresie des Papalismus
- Die Kirchenkrise und ihre Extrempositionen
- Die Autorität des Papstes: Grenzen und Titel
- Disziplin vs. Dogma: Wo der Papst handeln darf
- Historische Beispiele päpstlicher Irrtümer
- Der "Status Ecclesiae" als Grenze päpstlicher Macht
- Die Heilige Liturgie und "Quo Primum"
- Die wahre Einheit der Kirche
- Grenzen des Gehorsams und Unterscheidung von Häresie
- Die Kirchenkrise verstehen: Erzbischof Lefebvres Perspektive
- Schlussbemerkung und Fragen
Anhand historischer Beispiele päpstlicher Irrtümer und einer kritischen Auseinandersetzung mit nachkonziliaren Lehren, wie der „Novus Ordo Missae‟, dem Ökumenismus und der Religionsfreiheit, zeigt Hesse auf, dass Päpste Irrtümer begehen können, ohne ihr Amt zu verlieren. Er unterscheidet dabei zwischen materieller und formeller Häresie.
Abschließend greift er eine Einsicht von Erzbischof Lefebvre auf, welche die aktuelle Kirchenkrise mit dem Leiden Christi vergleicht und betont, dass die göttliche Perfektion der Kirche trotz menschlicher Schwächen und Irrtümer erhalten bleibt.
Die Häresie des Papalismus
Ich rede heute über etwas, was ein gewisser Abbé Roche in den zwanziger Jahren prophezeit hat als die größte Häresie, die jetzt kommen wird. Er hat Folgendes gesagt – ich weiß nicht, wer dieser Abbé Roche war. Das ist ja auch gleichgültig. Recht hat er gehabt mit dem, was er gesagt hat. Er hat gesagt: „Jetzt, wo der Heilige Pius X. den Modernismus entlarvt und damit auch erledigt hat – jetzt stehen wir vor der fürchterlichsten aller Häresien, die jetzt kommen wird, nämlich die Häresie, dass der Papst alles tun darf.„
Ich habe verschiedene Ausdrücke zu diesem Thema gehört, aber ich glaube, dass vielleicht der beste Terminus „Papalismus‟ wäre. Der hochwürdige Herr Pfarrer hat deswegen auf die Einladung für heute keinen Titel gemacht, weil ich ihm ursprünglich am Telefon gesagt habe, dass wir über Papalismus reden werden. Da hat er zu Recht gemeint, es versteht einen keiner, was das ist.
Die Kirchenkrise und ihre Extrempositionen
Unter Papalismus ist zu verstehen: Der Irrtum, zu glauben, dass der Papst alles tun darf, dass der Papst sozusagen wie ein absoluter Souverän, wie das Ludwig XIV. gerne gewesen wäre, sich alles erlauben kann. Wir werden heute sehen, dass das ein fürchterlicher Irrtum ist und auch eine Häresie.
Wir stehen vor einer, ich möchte sagen, einzigartigen, in der Kirchengeschichte einzigartigen Kirchenkrise. Das ist eine Krise, die sehr viele Menschen geistig nicht verkraften. Sie zerbrechen angesichts dieser Kirchenkrise und sie verlieren ihren Verstand.
Nun müssen wir, was die bedauerlichen Resultate dieses Verstandverlierens angeht, über die übliche Unterscheidung sprechen. Hier gibt es einen intellektuellen Irrtum, einen theologischen Irrtum und einen philosophischen Irrtum. Der philosophische Irrtum ist zweierlei: Diejenigen, die es nicht verstehen können, wie es möglich sein soll, dass diese Kirche in so eine Krise geraten ist, dass der Papst sich so verhält, wie er sich verhält, die landen dann, wenn sie es nicht verstehen, entweder bei dem, was man nennt, Sedisvakantisten, oder sie werden Papalisten. Ich werde das erklären.
Definition: Sedisvakantismus und Papalismus
Entweder sie verstehen das nicht und daraus ziehen sie folgende Schlüsse, und beide sind falsch:
- Sedisvakantisten: „Ein Papst, der in seinen Schriften so viel Häresie schreibt wie der Jetzige – der jetzige Papst ist der häretischste Papst der gesamten Kirchengeschichte, und ich habe das an anderer Stelle hier durch Zitate bewiesen, bin aber auch gern bereit, jederzeit wieder diese Zitate zu liefern. Er ist aber gleichzeitig auch ein Mensch, dessen Verhalten nicht katholisch, sondern eher schismatisch ist. So jemand kann nicht Papst sein. Das ist ausgeschlossen, das gibt es nicht, der ist nicht Papst. Wir haben keinen Papst mehr.„ Dies sind die Sedisvakantisten. Sie sind im Unrecht, wie wir gleich sehen werden und warum.
- Papalisten: „Er ist der Papst. Er hat zu entscheiden, wo der Glaube sich hinbewegt. Er hat zu entscheiden, welche Liturgie zelebriert wird. Er hat zu entscheiden, was in der Kirche überhaupt zu geschehen hat. Aus. Schluss. Nur er.„ Die Papalisten haben nicht verstanden, dass der außerordentlichen Vollmacht des Heiligen Vaters von der Lehre der Kirche dogmatische Grenzen gesetzt sind.
Die Autorität des Papstes: Grenzen und Titel
Wir müssen zuerst einmal etwas verstehen. Was sind die Titel des Heiligen Vaters? Er ist Bischof von Rom, Erzbischof der Provinz Latium, Primas von Italien, Patriarch des Westens, Diener der Diener Gottes und der Stellvertreter Christi. Das sind die beiden springenden Punkte.
Einer der größten Päpste der Kirchengeschichte, mein Namenspatron, der Heilige Gregor der Große, hat sich selbst den Titel zugelegt: „Servus servorum Dei‟, Diener der Diener Gottes. Der Papst ist insofern unser Diener, eurer und meiner, oder sollte es sein, insofern, als es dem Papst obliegt, euch und mir zu sagen, wie wir unsere Seele zu retten haben und was die Möglichkeit ist, unsere Seele zu retten. Zum Beispiel dient der Papst uns nicht nur, indem er uns sagt, was die Kirche lehrt, sondern indem er uns sagt, wie man einen Ablass gewinnt. Da dient er uns. Er ist also Diener der Diener Gottes.
Der Papst als Stellvertreter Christi
Das Wesentliche ist jetzt, dass der Papst kein Souverän ist, sondern ein Stellvertreter. Er ist der Stellvertreter Christi. Er ist nicht der Chef. Er ist die höchste Person in der katholischen Kirche auf Erden. Aber die katholische Kirche ist der mystische Leib Christi und die katholische Kirche ist die Braut Christi. Der Chef und das Haupt der katholischen Kirche, wie der heilige Paulus sagt, ähnlich wie in der Ehe, wo der Mann das Haupt ist und seine Frau lieben muss, wie Christus die Kirche liebt und wo die Kirche sich Christus unterordnen muss, wie die Frau sich dem Mann unterordnen muss, so ist er der Stellvertreter. Er ist die höchste Person in der Kirche, aber er ist in der Kirche. Er ist nicht Christus.
Er hat sich also, so wie die Frau sich dem Mann unterordnet, so muss sich die Kirche Christus unterordnen, und das fängt beim Papst an. Papst Innozenz der Dritte, ein großer und hervorragender Papst, hat gesagt, dass der Stellvertreter Christi sich unterordnen muss unter das Haupt der Kirche, unter Christus. Und dies tut er unter anderem, indem er den Glauben bewahrt und sich an die Lehre der Vorgänger hält.
Die Bindung an die Wahrheit und Vorgänger
Dieser selbe Innozenz der Dritte hat dann bei einer anderen Gelegenheit gesagt, es ist sehr wohl vorstellbar, dass ein Papst sich einmal irrt, dass ein Papst Fehler macht, dass ein Papst sogar Häresie spricht. Dann darf man ihm eben nicht folgen. Und er hat gesagt, die Tatsache, dass der Papst die höchste Person auf Erden ist und von niemandem auf Erden gerichtet werden kann, soll sich kein Papst leichtsinnig zu eigen machen. Denn wer nicht von den Menschen gerichtet wird, der wird von Gott gerichtet werden.
Das heißt, der Papst hat sich gewissen Dingen unterzuordnen. Zuerst einmal, das wird jedem einleuchten, dazu muss man nicht Theologie studiert haben, kann der Papst nicht das Evangelium verändern. Der Papst kann nicht sagen, Christus hat niemals zu Petrus gesagt: „Tu es Petrus et super petram aedificabo ecclesiam meam.‟ Er kann nicht gegen das Evangelium sprechen. Wenn der Papst etwas sagt, was nachweislich gegen das Evangelium ist, dann ist er ein Häretiker. Der Papst kann nicht den Glauben ändern. Der Papst ist als Stellvertreter Christi der Wahrheit untergeordnet. Christus hat nicht gesagt: „Ich gebe euch ein bisschen was von der Wahrheit.„ Er hat auch nicht gesagt: „Ich bringe euch die Wahrheit.‟ Er hat schlicht und einfach gesagt: „Ego sum veritas.„ Ich bin die Wahrheit. Nachdem Christus aber der Chef des Papstes ist, dessen Stellvertreter er nur ist, hat sich der Papst in allem, in allem der Wahrheit unterzuordnen, so wie wir.
Unfehlbarkeit in Glaubens- und Moralfragen
Das bedeutet, dass ein Papst seine Nachfolger in Glaubens- und Moralfragen bindet. Nun kommt man gerne bei denen, die Papalisten sind, die also den Papst immer bis zum Letzten und gegen die Wahrheit auch verteidigen, mit dem Argument aus dem römischen Recht: „Par in parem potestatem non habet.„ Ein Gleicher hat über einen Gleichen keine Macht.
Nun sagt man, Papst Johannes Paulus der Zweite ist Papst, so wie Pius der Neunte Papst war. Das heißt, Pius der Neunte steht also nicht über Johannes Paulus dem Zweiten oder umgekehrt. „Par in parem potestatem non habet.„ Ein Gleicher hat über den Gleichen keine Gewalt. Heißt das, dass Johannes Paulus der Zweite, wenn er wollte, das Dogma der Unbefleckten Empfängnis, 1854 von Pius dem Neunten verkündet, zurücknehmen könnte? Nein, sicher nicht. Ihr wisst alle, dass das nicht geht. Ihr seht also, dass dieser Ausspruch, dass der Gleiche über den Gleichen keine Macht hat, auf den Papst nicht unbedingt zutrifft, sondern nur sehr bedingt.
Wir finden die Antwort indirekt im Dogma über die Unfehlbarkeit des Papstes. Beachtet, dass alles, was ich heute sage, im Grunde genommen nichts anderes ist als eine Erklärung dieses Dogmas der Unfehlbarkeit, das Pius der Neunte am 18. Juli 1870 als „Constitutio Dogmatica Prima, Pastor Aeternus de Ecclesia Christi‟ veröffentlicht hat (Denzinger-Schönmetzer, Nr. 3060).
Disziplin vs. Dogma: Wo der Papst handeln darf
Hier macht der Papst im dritten Kapitel eine hochinteressante Unterscheidung. Er spricht über den päpstlichen Primat, der wohlgemerkt nicht ein Ehrenvorrang ist, sondern eine wirkliche unmittelbare, von Gott direkt dem Kardinal, der gerade zum Papst gewählt worden ist, gegebene Gewalt. Eine ordentliche unmittelbare Entscheidungsgewalt. Dort, wo der Papst entscheiden darf, hat er diese Gewalt direkt von Christus, unmittelbar ordentlich aufgrund seiner Position und nicht aufgrund irgendeiner Übereinkunft von Menschen.
Mit diesem Primat, in dieser Behandlung des päpstlichen Primates, wird eine sehr wichtige Unterscheidung gemacht. Dort heißt es, dass er diese Gewalt hat, nicht nur in Sachen des Glaubens und der Sitten, sondern auch in Sachen der Disziplin und der Kirchenführung. Diese Unterscheidung ist notwendig, weil hier festgestellt wird, dass der Papst diesen Primat eben auch in Disziplinfragen und auch in Kirchenführungssachen hat. Denn man hat ja in der katholischen Kirche von Anfang an, ohne jede Ausnahme, ununterbrochen immer schon mit Selbstverständlichkeit verstanden, dass der Papst diesen Primat in Glaubens- und Moralfragen hat.
Warum diese Unterscheidung, diese Trennung der Glaubens- und Moralfragen von den Disziplin- und Kirchenführungsfragen? Das hat einen ganz wichtigen Grund. In jeder wie immer gearteten Glaubensfrage, wenn der Papst eine endgültige Entscheidung trifft, in jeder wie immer gearteten Frage der Sittenlehre, wenn der Papst eine endgültige Entscheidung trifft, bindet das seine Nachfolger absolut und vollkommen. Kein Papst kann jemals die Frechheit besitzen und wirksam ein Dogma, das ein Konzil mit Unterschrift des Papstes oder ein Papst verkündet hat, zurücknehmen.
Verwaltungsangelegenheiten und Papstwahl
Deswegen hier dieser Unterschied. Denn in Fragen der Disziplin und der Kirchenführung kann der Papst das natürlich tun. Nicht schrankenlos, aber selbstverständlich kann der Papst zum Beispiel die Kleidungsvorschriften des Klerus ändern. Es wäre ja gelacht, wenn er das nicht könnte. Selbstverständlich kann der Papst die Verwaltung der Kurie regeln. Es wäre ja eine Katastrophe, wenn er das nicht könnte. Und selbstverständlich müssen wir akzeptieren, wenn der jetzige Papst bei der Regel der Papstwahl, bei der neu geschriebenen Konklave-Regel, manche Dinge hineinschreibt, die den einen oder anderen vielleicht nicht gefallen. Aber damit muss man leben, das muss man aushalten. Denn die Regel, wie ein Papst gewählt wird, ist in den letzten achthundert Jahren mindestens siebzig Mal geändert worden.
Die Papstwahl funktioniert nicht, indem der Heilige Geist in Form einer Taube in die Sixtina hinein geflattert kommt und den Kardinälen ins Ohr flüstert: „Den müsst ihr wählen.„ Nein. Die Papstwahl funktioniert folgendermaßen, dass sich die Kardinäle hinsetzen und den wählen, den sie wählen wollen. Und der, der als Papst aus dem Konklave herauskommt, ist keineswegs der, den Gott am liebsten gehabt hätte. Ganz und gar nicht. Papst Alexander der Sechste und Paul der Sechste sind schlagende Beweise für diese Tatsache.
Die Tatsache der Inspiration des Heiligen Geistes beim Konklave ist ganz einfach zu erklären, indem man folgendes feststellt: Wenn ein Kardinal im Konklave sich demütig vor den Altar kniet und sagt: „Bitte, Heiliger Geist, sag mir, wen ich wählen soll‟, dann wird er sicherlich vom Heiligen Geist, egal wie, durch Traum, durch Zufall, durch Beratung, den Namen dessen, den er wählen soll, erfahren. Ich kann nicht darüber urteilen, wie viele Kardinäle das machen, aber der liebe Gott hat sich an den freien menschlichen Willen gebunden. Und wenn ein Kardinal hartnäckig einen schlechten Kandidaten wählen will, kann der liebe Gott nichts dagegen machen. Der freie Wille des Menschen wäre sonst kein freier Wille. Wir wären sonst Marionetten. Und das ist darunter zu verstehen, die Inspiration des Heiligen Geistes. Gott bietet sie an. Sie ist keinem Konklavisten, keinem Kardinal, der dort wählt, garantiert. Nur, wenn er es will.
Das heißt also jetzt, wenn der Papst in Glaubensfragen und in Fragen der Sittenlehre seine Nachfolger bindet, binden kann, und in Fragen der Disziplin und der Kirchenführung nicht seinen Nachfolger binden kann, wo ist dann die Grenze?
Nun, das ist so: Wenn zum Beispiel Johannes Paulus der Zweite, falls er da unfehlbar war, die folgende Formulierung wählt, die Priesterweihe der Frau auszuschließen, indem er sagt: „Hiermit kraft meiner apostolischen Autorität für alle Zeiten und immer entscheide ich, dass eine Frau nicht Priester werden kann. Und das ist von allen Gläubigen zu glauben, das haben alle Gläubigen zu akzeptieren. Und wer es nicht tut, ist nicht katholisch.„ Wenn man das so formuliert, dann bindet man alle Päpste, die nachher kommen. Logisch, weil die Wahrheit kann sich nicht ändern. Gott ist unveränderlich. Christus hat gesagt: „Ich bin die Wahrheit.‟ Christus ist unveränderlich. Folglich ist die Wahrheit unveränderlich.
Wenn Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854 gesagt hat, die Gottesmutter ist unbefleckt empfangen worden, dann ist das eine Wahrheit, die sich nicht ändern kann. Dann kann nicht ein zukünftiger Papst sagen, nein, sie ist nicht unbefleckt empfangen worden, sondern in dem Moment, wo sie Christus empfangen hat, gereinigt worden. Was eine Theorie einmal war, geht nicht mehr. Die Sache ist eine für allemal geregelt. In definierten Glaubenssachen bindet der Heilige Vater alle Nachfolger für immer und ewig.
Historische Beispiele päpstlicher Irrtümer
Es bindet den Heiligen Vater noch etwas anderes, nämlich nicht ein Papst oder ein Konzil, das eine Sache mit dem Papst selbstverständlich für immer entschieden hat, sondern das, was man nennt Status Ecclesiae, Zustand der Kirche. Damit ist nicht die banale Interpretation gemeint, wie halt die Kirche heute in welchem Zustand sie heute ist. Dass die Kirche heute in einem katastrophalen Zustand ist, brauche ich euch nicht erklären. Das ist nicht gemeint. Gemeint ist der Stand der unfehlbaren Kirche.
Die Kirche ist göttlich und sie ist menschlich. Der mystische Leib Christi und die Braut Christi sind göttlich, unfehlbar, unverletzlich, immer und ewig. Das Sammelsurium von Menschen, vom Papst angefangen bis zum letzten kleinen Kaplan und den Gläubigen, ist aber ein Sammelsurium von Sündern, weil seit Adam und Eva nur zwei Personen nicht gesündigt haben: Christus und seine Mutter. Jeder Papst sündigt, jeder Heilige sündigt, jeder Bischof sündigt, jeder Priester sündigt, jeder Gläubige sündigt. Und sie können Fehler machen, und zwar fürchterliche Fehler sogar.
Der Grund, warum der Heilige Geist dem Papst die Unfehlbarkeit versprochen hat, ist genau der, damit wenigstens in den wichtigsten Glaubensfragen, wenn der Papst sich auf den Heiligen Geist beruft, wenn der Papst den Heiligen Geist anruft, zu diesem Zwecke der Irrtum ausgeschlossen ist. Wenn der Papst am Sonntag beim Angelus Domini vom dritten, vom zweiten Fenster des Apostolischen Palastes oben predigt, dann kann er auch den größten Schwachsinn erzählen, wenn er will. Da ist der Heilige Geist nicht dabei. Wenn der Papst eine Enzyklika schreibt, ist der Heilige Geist nicht dabei, ist nicht garantiert.
Wo ist jetzt hier wieder die Grenze? Papst Pius XII. gibt in Humani Generis die Antwort, indem er sagt, das, was die Kirche dogmatisch endgültig verkündigt, dort wo die Kirche sagt, das muss für alle Zeiten von den Gläubigen festgehalten werden, das haben wir alle im Glauben anzunehmen. Da müssen wir in unserem Glauben die Zustimmung geben, nicht in unserem Verstand. Das reicht nicht. Im Glauben müssen wir die Zustimmung geben. Wir müssen verstehen, dass das, was als Dogma verkündet ist, im Credo, das wir in der Sonntagsmesse beten, eingeschlossen ist. Das, was der Papst sonst sagt, das müssen wir in der Verstandesunterwerfung annehmen.
Wie ist es dann möglich, dass der Dr. Hesse daherkommt und sagt, dass die Antrittsenzyklika, die erste Enzyklika von Johannes Paulus II. bereits häretisch ist? Ist das jetzt nicht jenes ordentliche Lehramt, das ich im Verstand und gehorsam zu akzeptieren habe? Ja, zunächst schon. Wenn ich aber jetzt feststelle, dass dort etwas drinnen steht, was definierter Lehre widerspricht, was dem Status Ecclesiae, zu dem ich noch zurückkommen werde, widerspricht, was dem, was die Kirche immer geglaubt hat, widerspricht, und ich kann das nachweisen, dann muss ich den Gehorsam hier verweigern, weil ich nämlich die Wahl habe, entweder dem Papst oder Christus zu gehorchen. Denn dann ist nämlich der Papst Christus ungehorsam, weil er der Wahrheit ungehorsam ist.
Papst Liberius und der Arianismus
Das ist jetzt folgendermaßen zu unterscheiden: Der Status Ecclesiae beinhaltet all das, was zwar auf der einen Seite nicht dogmatisch definiert worden ist, was also nicht ein Konzil und ein Papst bereits festgestellt haben für immer und ewig – das hat man zu glauben. Auf der anderen Seite beinhaltet es aber alles das, was die Kirche seit eh und je geglaubt hat. Man nennt das sententia communis, also ein Urteil über eine Glaubensfrage, das allgemein angenommen ist. Und hier muss sich der Papst fügen.
Ich gebe euch Beispiele, wie das zu verstehen ist, wo die Grenzen liegen. Das sind gleichzeitig jetzt Beispiele dafür, dass ein Papst sich irrt. Die berühmteste Frage ist aus der Zeit der Arianer aus dem dritten Jahrhundert, wo Papst Liberius sich auf die Seite dieser Häretiker geschlagen hat, die gesagt haben, Christus ist nicht Gott, sondern nur Mensch. Papst Liberius, der im päpstlichen Jahrbuch der erste ist, vor dem das „S‟ für heilig, „Sanctus‟, nicht steht, hat sich auf die Seite der Arianer geschlagen. Hat den heiligen Athanasius, der über die Dreifaltigkeit und die Gottessohnschaft vollkommen richtig geschrieben hat und auch sein Glaubensbekenntnis darüber verfasst hat, exkommuniziert. Der heilige Athanasius hat sich genauso richtig und vernünftig wie Erzbischof Lefebvre verhalten und trotzdem weiter Bischöfe geweiht.
Papst Nikolaus I. und die Taufformel
Das zweite Beispiel ist Papst Nikolaus der Erste. Der Papst Nikolaus der Erste hat in einem Brief gesagt, dass es möglich ist, einen Menschen zu taufen, indem man sagt: „Ich taufe dich im Namen Christi.„ Das wissen wir, dass das nicht geht. Er hat das in einem Brief allerdings an jemanden geschrieben, wo die Frage behandelt wurde, wie es jetzt mit den Heiden und mit den Häretikern ist, die sich konvertieren und die von irgendeiner Sekte, aus der sie kommen, nicht getauft worden sind im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, sondern eben mit der Formel „Ich taufe dich im Namen Christi‟. Dieser Irrtum geht zurück auf einen Irrtum vom heiligen Ambrosius, der an einer Stelle… Auch die Kirchenväter sind nicht unfehlbar. Dieser Kirchenvater Ambrosius hat sich in diesem Punkt geirrt. Er hat gesagt, man kann die Taufe im Namen Christi akzeptieren als gültig. Ist soweit nicht tragisch. Da hat sich der Kirchenvater halt geirrt. Es kann ja auch der Kirchenvater mal einen Blödsinn reden. Der heilige Augustinus hat auch manchmal Blödsinn geredet.
Der größte aller Kirchenlehrer überhaupt, der heilige Thomas von Aquin, schreibt alleine in dem größten seiner Werke, der Summa Theologiae, drei Irrtümer. Zwei fallen mir gerade ein:
- Er sagt, die Gottesmutter ist nicht unbefleckt empfangen worden. Das war damals noch nicht Häresie, das war Theorie. Damals war das Blödsinn. Na und? Der Thomas von Aquin hat Blödsinn geredet.
- Dann sagt Thomas von Aquin, dass man im Notfall für die Heilige Messe ein Bündel Trauben nehmen kann, über das Brot ausquetschen und dann für die Messe verwenden. Das ist sein Irrtum. Aus frischem Traubensaft kann man keine gültige Materie für die Messe machen, weil es nicht Wein ist. Derselbe heilige Thomas, der hier übrigens fälschlicherweise einen Papst Julius (den Ersten wenn schon) zitiert, der das aber nie gesagt hat. Das war irgendein idiotisches Dekret aus den Dekretalien, das der Thomas hier irrtümlich zitiert hat. Abgesehen davon, sein Papst kann in so was, wie wir sehen werden, auch Blödsinn reden. Das geht nicht, denn der heilige Thomas von Aquin sagt selber, dass das Volk durch alle Zeiten hindurch natürlich nicht eine Mehrheitsabstimmung im Bundestag, aber dass das Volk durch alle Zeiten hindurch bestimmt, was die Materie eines Sakramentes ist. Traubensaft, purer Traubensaft. Frischer Traubensaft ist niemals in der Menschheitsgeschichte als Wein bezeichnet worden. Die dogmatische Voraussetzung für die Heilige Messe ist aber Wein aus Trauben. Das heißt, zumindest muss die Fermentation eingesetzt haben. Allermindestens.
Die Kirchenväter haben sich geirrt und wie man sieht, auch die Päpste. Nikolaus der Erste hat Unsinn geredet, hat ihn sogar geschrieben, niedergeschrieben. Er hat etwas niedergeschrieben, was beim Konzil von Trient dann endgültig als Dogma widerlegt worden ist.
Papst Honorius und der Monotheismus
Der nächste Papst, der sich geirrt hat, war Papst Honorius. Da gab es eine Häresie, die ging aus von den Monophysiten, und die wurde genannt Monotheletismus. Monophysitis heißt: Christus ist absolut Gott. Aber er hat nur eine Natur, das heißt, sein Menschenleib war Schein, ein Scheinbild. Und daraus ist dann die Häresie entstanden, der Monotheletismus, indem man sagt, Christus hat nur einen Willen.
Wir wissen alle und können ohne Theologie studiert zu haben, diesen Blödsinn dieser Häresie widerlegen, weil wir doch aus der Karwochenliturgie wissen, dass es dort heißt, Christus war gehorsam seinem Vater, gehorsam bis zum Tod, den Tod sogar am Kreuz. Nachdem nun aber die göttliche Person, also die zweite Person der Dreifaltigkeit, sich der ersten nicht unterordnen kann, weil alle drei gleich sind, Vater, Sohn und Heiliger Geist, muss hier die Rede sein von einem Willen, von einem menschlichen Willen. Und wir wissen, dass Christus natürlich voll und ganz in allem Mensch war, außer in der Sünde. Der menschliche Wille Christi hat sich dem göttlichen Willen untergeordnet, und daher kommt der Gehorsam Christi.
Diese Häretiker haben gesagt: „Nein, das stimmt nicht. Weil er nur einen Scheinleib gehabt hat, hat er auch nur einen Willen gehabt.„ Honorius hat das verteidigt. Die Ostkirche sieht in ihm heute noch einen wüsten Häretiker. Die lateinische Kirche weniger. Aber einer seiner Nachfolger hat ihn dann aufs Grausamste und Totalste verurteilt. Und meiner Ansicht nach zu Recht. Denn der Papst hat nicht das Recht, nicht nur nicht das Recht, eine Häresie zu verkünden, wie es der Jetzige tut, sondern er hat nicht einmal das Recht, eine Häresie zuzulassen. Bei Honorius muss man mindestens sagen, dass er diese Häresie zugelassen hat.
Papst Johannes XXII. und die Gottesschau
Als nächstes Beispiel Johannes der XXII. (Denzinger-Schönmetzer, Nr. 990). Papst Johannes der XXII., das war ein Franzose, hat gesagt, die Seelen der Verstorbenen können nach ihrem Tod noch nicht die gottselige Anschauung haben, sondern erst nach dem Jüngsten Gericht. Das heißt, wenn das stimmt, dann hätte der Heilige Pius X. jetzt noch nicht die gottselige Anschauung. Nun, ihr wisst und ich weiß, dass er sie hat.
Johannes der XXII. ist damit nicht direkt Häretiker geworden, weil das damals noch kein Dogma war. Er hat aber hier etwas gemacht, was ein Papst nicht tun darf. Er hat gegen eine Sententia Communis gesprochen. Er hat gegen etwas gesprochen, was die Kirche eigentlich immer akzeptiert hat. Mit der großen Mehrheit der Kirchenväter und mit fast allen kirchenväterlichen Schriften zu diesem Thema, hat die Kirche immer geglaubt, dass im Moment, wo eine Seele stirbt, sie durch das persönliche Gericht unseres Herrn sofort ins Fegefeuer, Himmel oder Hölle kommt. Wenn jetzt, wie beim heiligen Pius X. davon ausgegangen werden muss, dass er jetzt im Himmel ist, dann hat die Kirche immer geglaubt, dass wenn er jetzt im Himmel ist, er auch jetzt schon die gottselige Anschauung hat. Das war kein Dogma, das hat die Kirche immer geglaubt.
Johannes der XXII. hat das nicht nur gepredigt, das Gegenteil, sondern er hat sogar ein Buch darüber geschrieben. Er hat dieses Buch der Universität Paris geschickt, wo die Professoren Zeter und Mordio geschrien haben. Und zu Recht. Wie er das gepredigt hat, seine Lehre, dass die Seelen erst nach dem Jüngsten Gericht Himmel und Hölle wirklich bekommen, haben die Kardinäle in Avignon ihn angeschaut, als ob er verrückt geworden wäre, und haben protestiert und gesagt: „Heiliger Vater, bei allem Respekt, das geht nicht. Das stimmt nicht, was Sie da sagen. Die Kirche hat das nie geglaubt, die Kirche hat immer etwas anderes geglaubt.„
Johannes der XXII. ist stur geblieben. Gott sei Dank nicht bis zum Tod, sondern nur bis zum Tag vor seinem Tod. Und Denzinger-Schönmetzer, Nr. 990, ist die Widerrufung seiner eigenen, ich möchte es Häresie nennen, die Widerrufung seiner eigenen Häresie durch Johannes den XXII. selbst. Er hat das dann seinem Nachfolger in die Hände gelegt, darüber das endgültige Urteil zu fällen. Und das hat dann Benedikt der XII. auch getan (Denzinger-Schönmetzer, Nr. 1000).
Der "Status Ecclesiae" als Grenze päpstlicher Macht
Hier haben wir jetzt das Beispiel dafür, wie das ist, wenn ein Papst, wo ein Papst sich unterzuordnen hat. Er muss sich also – ich wiederhole das, weil das so wichtig ist – in allen definierten und endgültig erklärten Glaubens- und Sittenfragen unterordnen. Er muss sich in allem unterordnen, was die Kirche glaubt, wo man nicht sagt, das glauben jetzt ein paar Theologen oder das ist die persönliche Meinung von mehreren Päpsten gewesen. Da muss er sich nicht unterordnen. Er muss sich unterordnen bei dem, wo man mit Fug und Recht sagen kann, das hat die Kirche immer geglaubt.
Hier ist zum Beispiel eine Unterscheidung zu treffen. Wenn Pius der Neunte persönlich der Meinung gewesen wäre, dass die Gottesmutter nicht unbefleckt empfangen worden ist, dann hätte er sehr gewagt gehandelt, aber er wäre kein Häretiker gewesen im strengen Sinne. Wenn Pius der Zwölfte aber der Meinung gewesen wäre, die Gottesmutter ist nicht mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden, wäre er ein Häretiker gewesen vor der Dogmaverkündung. Wieso? Weil in der Sache der Unbefleckten Empfängnis da hat es in der Kirche, also auch von großen Kirchenlehrern her, Streit gegeben. Der Thomas von Aquin hat hier Unsinn geredet, weil er in seiner Unterordnung unter die Autorität gegen die Franziskaner, die Recht gehabt haben, den Dominikanern gefolgt ist, die Unrecht hatten.
Aber dass die Gottesmutter mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden ist, hat die Kirche immer geglaubt. Das musste also schon vor 1950 akzeptiert werden. Das ist seit 1950 geklärtes Dogma, aber es war auch vor 1950, musste das absolut von allen, vom Papst angefangen bis zum letzten Gläubigen, akzeptiert werden. Die Apostel haben nämlich gesehen, dass das Grab leer war. Und die Apostel haben das erzählt.
Das Erste Vatikanische Konzil definiert die Tradition als das, was in der Heiligen Schrift niedergeschrieben worden ist und das, was die Apostel noch selbst aus dem Munde Christi vernommen haben. Womit die Tradition auch, wie das Erste Vatikanum richtig sagt, das Konzil von Trient zitierend und den heiligen Vinzenz von Lérins, diese Tradition mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen ist. Was aber aus dieser Tradition kommt, und hier sind wir beim springenden Punkt, das kann der Papst nicht anrühren. Wenn etwas in der Kirche Tradition mit Großbuchstabe im Lateinischen ist, dann kann der Papst es nicht ändern.
Das Subdiakonat als Beispiel
So das Subdiakonat und so die heilige Liturgie. Die Frage, ob das Subdiakonat, wie weit das Disziplin-Frage und Moraltheologie ist, darüber kann man streiten. Nicht streiten kann man über die Tatsache, dass das Subdiakonat auf die Apostelzeit zurückzuführen ist und dass daher kein Papst sich erfrechen kann, das Subdiakonat einfach abzuschaffen. Paul VI., der das Subdiakonat unter Anführungszeichen abgeschafft hat, hat es nicht abgeschafft. Er hat es eigentlich in den Mistkübel geschmissen, aber nicht bestimmend. Das Dekret Ministeria Quaedam, in dem festgestellt wird, dass das Subdiakonat jetzt nicht mehr modern ist, sagt ausdrücklich, dass wenn ein Bischof will, kann er es immer noch geben. Und da dafür kein neuer Ritus geschrieben wurde, kann man ja nur den alten nehmen. Also Paul VI. hat zwar das Subdiakonat praktisch vernichtet, aber er hat keine Erklärung abgegeben, dass es das nicht mehr geben darf. Und das könnte er auch nicht. Dann wäre er ein Schismatiker geworden.
Ein Herr Kardinal Stickler hat zu dieser Frage gesagt, die Evangelien kann er nicht anrühren, der Papst. Die Konzilien kann er nicht anrühren, vor allem die ersten vier nicht, auf denen die wichtigsten Dinge definiert worden sind. Gegen die Kirchenväter allgemein kann er auch nicht gehen und den Status Ecclesiae darf er nicht anrühren. Nun ist zum Beispiel das Subdiakonat ein Beispiel für etwas, was keine Glaubensfrage ist, aber zum Status, zum Stand der Kirche gehört. Die niederen Weihen, die das Konzil von Trient nicht dogmatisch, aber doch bestätigt hat, gehören also zum Status Ecclesiae.
Die Heilige Liturgie und "Quo Primum"
Und 1570 hat der heilige Papst Pius V. die heilige Liturgie für alle ewigen Zeiten kanonisiert, also dogmatisiert, indem er mit Quo Primum das römische Messbuch, das hier auf dem Altar liegt und wo das Dekret von Pius V. drinnen ist, veröffentlicht hat. Aber er hat damit nichts geändert. Er hat damit nichts Neues geschaffen, sondern er ist damit der theologischen Festlegung des Konzils von Trient gefolgt, das in der siebten Sitzung über die Sakramente im Allgemeinen Kanon 13 Folgendes sagt: „Wenn jemand behauptet, dass die uns überlieferten Riten in Unehren gehalten werden können oder gekürzt werden können oder etwas hinzugefügt werden kann, oder dass aus diesen alten Riten neue gemacht werden können, von wem auch immer unter den Hirten der Kirche, der sei verflucht, wer so etwas sagt.„ Und es heißt im Lateinischen: „per quicumque ecclesiarum pastor‟. Für den, der Latein kann, weiß er sofort, was damit gemeint ist. „Quicumque‟ im Lateinischen heißt nicht jeder, wie das auch in guten Übersetzungen zu finden ist, tatsächlich nicht jeder oder irgendwer, sondern „wer auch immer‟. Also ohne Ausnahme, ohne jede Ausnahme. Und das schließt den Papst ein, denn der Papst ist natürlich ein Hirte der Kirche. Er ist sogar der erste Hirte der Kirche. Er ist der Oberhirte von Rom, der Oberhirte von Latium, der Oberhirte von Italien, der Oberhirte des Westens, der Oberhirte der Welt. Er kann das auch nicht tun. Er kann nicht neue Riten schreiben, nämlich völlig neue, völlig neue Liturgie.
Wenn Pius XII. in Mediator Dei, seiner Liturgie-Enzyklika, sagt, dass es allein dem Papst obliegt, einen neuen Ritus zu schreiben, dann meint er damit nicht eine neue Messe schreiben, ein neues Messbuch schreiben, sondern da meint er damit das, was die Päpste immer gemacht haben. 1854 bei der Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis hat Pius IX. die ganze Messe von dem Tag an für diesen Tag geändert. 1950 bei der Verkündigung des Dogmas der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel hat Pius XII. die schon vorhandene Messe vollkommen verändert. Und 1954 hat Pius XII. bei der Heiligsprechung von Pius X. einen völlig neuen Messtext schreiben lassen. Nicht aus den vorhandenen, den Päpsten, den Aposteln und den Päpsten gemeinsamen Texten, sondern ein eigenes Messformular geschrieben für Pius X. Das ist es, was Pius XII. meint in Mediator Dei. Pius XII. hätte es nie gewagt zu sagen, dass der Papst einen neuen Ordo Missae schreiben kann, so wie Paulus VI. einen „Novus Ordo Missae‟ geschaffen hat. Das geht nicht, denn das ist Dogma, dass das nicht geht.
Ist das jetzt die Interpretation von Dr. Hesse oder sagen die Päpste das? Nun, da möchte ich euch etwas zeigen. In der gesamten Kirchengeschichte war es üblich, wenn ein Buch reformiert wird, irgendein beliebiges Buch, das in der Kirche päpstliche Approbation braucht, also durch ein päpstliches Dekret veröffentlicht wird. In der ganzen Kirchengeschichte war es üblich, dass dann der Papst das Dekret seines Vorgängers rausschmeißt. Es ist vollkommen natürlich und in sich richtig, dass im neuen Kodex des Kirchenrechts das Dekret von Benedikt XV. nicht mehr drinnen ist. Das ist normal. Da ist das von Johannes Paulus drinnen. Da ist das Dekret vom jetzigen Papst drin, der das ja auch veröffentlicht hat, 1983.
Es gibt in der ganzen Kirchengeschichte zu dieser Regel eine einzige Ausnahme, und ich halte sie in der Hand. Der heilige Pius V. hat 1570 dieses Messbuch veröffentlicht und sagt hier in diesem Dekret (Pius Episcopus Servus servorum Dei), dass nicht nur das Messbuch niemals wesentlich verändert werden darf. Wenn ein neuer Heiliger hineinkommt, wird es ja auch verändert. Also es darf nicht in der Bedeutung verändert werden. Denn das Sakrament wird ja definiert als ein Zeichen, also in der Signifikanz. In der Zeichengebung darf dieses Messbuch nicht verändert werden. So ist er zu verstehen. Ist klar. Pius V. schreibt nicht nur, dass diese Messe niemals verändert werden darf, dass niemals jemand, wer auch immer, also auch seine Nachfolger, eine neue Messe schreiben darf. Und schlimmer noch, oder ich würde sagen besser noch, dass dieses Dekret, was hier ist, in sich selbst unveränderlich ist. „Irreformabilis est.„ Dieses Dekret darf niemals reformiert werden und niemals verändert werden.
Und jetzt sagt die Petrusbruderschaft, die Auflösung des Jesuitenordens ist mit der gleichen Formel geschehen. Ja und? Das ist mir gleichgültig. Die Auflösung des Jesuitenordens ist eine disziplinare Frage. Da kann der Papst seine Nachfolger nicht binden. Und wie Clemens XIV. den Jesuitenorden aufgelöst hat, hat dann Pius VII. munter ihn wieder eingeführt. Ob irgendein Orden existiert oder nicht, ist eine Disziplinarfrage. Die Messe aber ist nicht nur eine Frage des Glaubens, sondern sie ist die Grundlage des Glaubens.
Die "Novus Ordo Missae" als schismatischer Akt
Auch das ist dogmatische Lehre der Kirche, dass nämlich das Gesetz des Betens das Gesetz des Glaubens bestimmt und nicht umgekehrt. „Lex Orandi statuit legem credendi.„ Das hat zuletzt Pius XII. zitiert, vor ihm Pius XI., vor ihm Pius X. Die Päpste sind nicht müde geworden, diesen Satz immer in derselben Reihenfolge zu zitieren. Folglich ist das, was ich in der Hand halte, hier die Grundlage unseres Glaubens. Das ist also nicht nur Glaubenssache. Ich halte die Grundlage unseres Glaubens in der Hand.
Und wie ich euch gesagt habe, dass dieses Dekret von keinem Papst jemals zurückgenommen werden kann, das behauptet nicht nur Doktor Hesse, das behauptet Papst Clemens VIII., der sein Dekret als Erster in der Kirchengeschichte dem Dekret eines Vorgängers angeschlossen hat und der in diesem Dekret erklärt, dass er hier nichts ändert im Messbuch, sondern im Gegenteil durch Missbrauch, Druckfehler und Missverständnisse entstandene Veränderungen der Messe auf diesen Urzustand zurückbringt. Und dann kommt mein geliebter Papst Urban VIII. Ich sage, mein geliebter Papst Urban VIII., weil ich ihm mein Privileg des Lloret verdanke. Mein Geliebter und weil ein großer Papst war. Dann kommt der große Papst Urban VIII. daher und fügt sein Dekret als drittes ins Messbuch hinein und erklärt wieder, dass er eigentlich nichts anderes tut, als Missbräuche und Irrtümer abzuschaffen, damit das Messbuch wieder auf 1570 zurückkommt. Und dann kommt nach ihm – Entschuldigung, das ist ein altes Messbuch. Da ist es noch nicht drin. Dann kommt nach ihm der heilige Pius X. Doch er ist da. Pardon. Pius Episcopus, Servus servorum Dei, Diener der Diener Gottes. Da kommt nach ihm Pius X., der das Brevier geändert hat und in der Messe einige Vorschriften geändert hat. Und er sagt wieder, er hat hier nicht die Absicht, was zu ändern, weil das darf man ja nicht, sondern er führt die Messe zurück auf das, was sie war.
Und jetzt haben wir in diesem Messbuch hier das Dekret vom Pius V., vom Clemens VIII., von Urban VIII., vom Pius X. Und 1962 hat sogar der häretische Papst Johannes XXIII. auch sein Dekret noch hier hinzugefügt. Johannes XXIII. hat also noch gewusst, dass er nicht das Recht hat, die Liturgie zu ändern. Danach wissen wir, was passiert ist. Dann kam der frevelhafteste aller Päpste der Kirchengeschichte daher, schrieb eine neue Liturgie, schrieb ein neues Messbuch, und richtigerweise ist in diesem Messbuch das Dekret von Pius V., Clemens VIII., Urban VIII., Pius X. und Johannes XXIII. nicht mehr drinnen. Und damit hat Paul VI. beinahe ein formelles Schisma gestartet.
Wieso beinahe? Einen neuen Messritus schreiben, ist ein schismatischer Akt, ist ein Akt gegen die Einheit der Kirche.
Die wahre Einheit der Kirche
Worin besteht die Einheit der Kirche? Nun, die Einheit der Kirche besteht nicht, wie der jetzige Papst sagt, in der Rückkehr der Protestanten, in dem Händeschütteln mit den Orthodoxen, die Häretiker und Schismatiker sind, sondern die Einheit der Kirche besteht in der gemeinsamen Leitung unter dem Heiligen Vater, im Glauben und in der Liturgie. Da besteht die Einheit der Kirche. Und diese Einheit ist, wie Papst Pius XI. in Mortalium Animos sagt, niemals verletzt worden, wird immer existieren. Weil wenn nämlich der Herr Doktor Martin Luther die Häresie verkündet, dann verlässt er die Kirche, er spaltet sie nicht, er verlässt sie. Gespalten wird die menschliche Gemeinschaft, aber nicht die göttliche Kirche.
Paul VI. hätte beinahe ein Schisma gestartet. Wenn das Konzil von Trient sagt, dass niemand, wer auch immer unter den Hirten der Kirche, eine neue Liturgie schreiben darf, dann ist das eine Festlegung, die für immer gilt und die jetzt wesentlich ist für die Einheit der Kirche, die ja unter anderem in der Liturgie und im Glauben besteht. Kann ja auch nicht anders sein, weil wenn das Gesetz des Betens, also die Liturgie, die Grundlage des Glaubens ist, dann muss die Kirche, die Einheit der Kirche natürlich auch in der Liturgie bestehen.
Damit meine ich jetzt aufpassen. Damit meine ich jetzt nicht, dass es in der Kirche nur einen Ritus geben darf. Was meine ich nicht damit? Wir haben alleine in der lateinischen Kirche den römischen Ritus, den ich verwenden würde und den wir verwenden müssen. Wir haben den ambrosianischen Ritus in Mailand, dann haben wir den Ritus von Braga in Portugal, dann haben wir den mozarabisch- wisigotischen Ritus in Spanien, dann haben wir den Ritus der Dominikaner, dann haben wir den Ritus der Prämonstratenser. Und dann haben wir natürlich die orientalischen Riten der Unierten nämlich, nicht der Schismatiker und Häretiker, sondern der Unierten Kirchen. Weil wie nämlich 1570 Pius V. sein Dekret veröffentlicht hat, hat er gesagt, alle Riten, die älter sind als zweihundert Jahre, dürfen weiterbestehen. Nur die, die damals noch keine zweihundert Jahre alt waren, wie der gallikanische Ritus in Frankreich, der war damit dann verboten.
Unter der Einheit in der Liturgie ist zu verstehen, dass es in der katholischen Kirche, also in der einzig heilbringenden und seligmachenden Kirche, keine Liturgie geben kann und darf, die nicht den Glauben vollständig repräsentiert. Denn wenn die Liturgie den Glauben nicht vollständig repräsentiert, dann können wir auch nicht richtig glauben. Beachtet bitte, wir feiern nicht am 8. Dezember die Unbefleckte Empfängnis, weil wir das glauben, sondern wir glauben an die Unbefleckte Empfängnis, weil sie am 8. Dezember gefeiert wird. So ist das in Wirklichkeit. Mein Glaube, dass ich wirklich an die Unbefleckte Empfängnis glaube, ist abhängig davon, dass das auch zelebriert wird. So ist das zu verstehen, als Grundlage des Glaubens. Und auch diese Messtexte legen ja die Doktrinen fest, in diesem, in dem, was der Priester am Altar da aus dem Messbuch zu lesen hat, steht da drinnen, wie das zu verstehen ist und was, woran da geglaubt wird und was hier zu sehen ist. Diese Einheit im Glauben ist also abhängig davon.
Grenzen des Gehorsams und Unterscheidung von Häresie
Nun hat Paul VI. eine neue Liturgie geschrieben. Aber der Heilige Geist schläft ja doch nicht. Er hat diese neue Liturgie niemals durch seine eigene Unterschrift verpflichtend gemacht. Und er hat niemals erklärt, sozusagen als Kirchenlehrer jetzt, als oberster Lehrer der Kirche. Er hat niemals erklärt, dass er einen neuen Ritus überhaupt schreiben darf. Er hat diesen neuen Ritus geschrieben. Dann hat er dieses Messbuch, dieses schändliche, veröffentlicht mit der Constitutio Apostolica Missale Romanum. Und dort sind jetzt zwei Dekrete drinnen. Dort steht drinnen, dass es also jetzt vier Hochgebete gibt in der Messe statt dem römischen Kanon einem. Und dass dort aber die Wandlungsworte überall gleich sein müssen. Übrigens ein Dekret, das ja auch mittlerweile missachtet ist, weil die Wandlungsworte ja außer im Polnischen überall falsch übersetzt sind. Das ist alles. Aber in diesem Dekret dieser Constitutio Apostolica Missale Romanum sagt Paul VI. nirgendwo, dass jetzt diese Messe verwendet werden muss.
Hätte Paul VI., der Heilige Geist hätte ihn davor bewahrt, hätte Paul VI. ein Dekret veröffentlicht, in dem drinnen steht, dass der Papst das Recht hat, jederzeit einen neuen Ritus zu schreiben. Und wir tun dies, tun dies daher auch. Und von jetzt an hat jeder Priester in der lateinischen Kirche dieses Messbuch zu verwenden. Dann hätten die Sedisvakantisten wahrscheinlich recht, denn dann wäre Paul VI. in ein formelles Schisma gegangen gegen die Einheit der Kirche eben. Davor hat ihn der Heilige Geist bewahrt. Das ist also etwas, was der Papst zum Beispiel nicht darf.
Gehorsam gegenüber rechtmäßigen Befehlen
Jetzt ist es so: Sehr viele Menschen, eben die Papalisten, erschrecken bei dem bloßen Gedanken, dass es etwas gibt, was der Papst nicht darf. Dabei ist das das Einfachste der Welt. Das kann einem ein fünfjähriges Kind sagen, dass es logischerweise Dinge gibt, die der Papst nicht tun darf. Wenn nämlich der Papst zum Beispiel als Person, Carolus Petivoy, Johannes Paulus II., einem fünfjährigen Kind in der Audienz sagt: „Du, Burschi, komm mal her. Du nimmst jetzt diesen Sessel und schlägst damit deinem Vater auf den Kopf.„ Könnte ja sein, der Heilige Geist hindert einen Menschen nicht an so was bitte. Dann weiß der fünfjährige Bub, dass er das nicht tun wird, obwohl der große Mann ihm weise ihm das gesagt hat. Ein fünfjähriges Kind versteht, dass es Dinge gibt, die der Papst nicht tun darf.
Wenn ich in einer Armee Offizier bin und mein Vorgesetzter General sagt mir, ich habe, was weiß ich, die Frau soundso umzubringen, dann werde ich sagen: „Nein, das machen wir nicht.„ Es ist ein Befehl, der nicht gültig ist. Die Befehlsgewalt und Gehorsam hängen innig zusammen mit der Erlaubtheit des Befehls. Zum Beispiel darf kein einziger Mensch auf der Welt irgendwo irgendjemandem, egal welcher Rang, welche Person, welche Position er hat, einen Befehl geben, der eindeutig im Sinne der Lehre der Kirche gegen die Zehn Gebote ist. Das ist vollkommen klar. Wenn der Oberarzt dem Unterarzt sagt: „Du musst abtreiben, du musst das machen‟, dann darf der nicht gehorchen. Er gehorcht, wie wir wissen, aber er darf nicht. Es geht nicht. Es ist ein Verstoß gegen das fünfte Gebot. Das kann man nicht machen. Dieser Befehl ist ungültig, weil es muss nämlich, damit ein Befehl gültig ist, ein rechtmäßiger Befehl sein und von der rechtmäßigen Autorität kommen. Das sind zwei Wesensvoraussetzungen für den Gehorsam.
Das, was heutzutage in der Imitationskirche, in der Konzilskirche oder wie sie der liebe Heilige Vater nennt, in der Kirche des neuen Advents getrieben wird, das ist „blinder Gehorsam‟. Das ist nicht Gehorsam im Sinn der katholischen Lehre. Im Sinn der katholischen Lehre gehorche ich nur, wenn der rechtmäßige Befehlshaber, das ist der Papst, mir einen rechtmäßigen Befehl gibt. Das tut er nicht. Wenn er mir sagt, ich soll gefälligst die neue Messe lesen, gibt er mir einen unrechtmäßigen Befehl. Darüber kann der Papst nicht entscheiden. Nicht mehr, wie wir gesehen haben. Dieses Messbuch ist eine Interpretation, nicht der Doktor Hesse, das Messbuch. Das Messbuch sagt das.
Der Papst kann also – ich sag das noch einmal: In Glaubens- und Moralfragen seinen Vorgängern nicht widersprechen, wenn es endgültig entschieden worden ist. Wenn seine Vorgänger noch nichts diesbezüglich endgültig entschieden haben, aber alle einer Meinung waren, sofern sie darüber gesprochen haben, dann auch nicht. Denn dann muss ich nämlich sagen, das glaubt die Kirche.
Es gibt kein Dogma in der katholischen Kirche, wo drinnen steht, dass die Trennung von Kirche und Staat schlecht ist. Aber Gregor XVI. hat das gesagt, Pius IX. hat das gesagt, Leo XIII. hat das gesagt, Pius X. hat das gesagt, Benedikt XV. hat das gesagt, Pius XI. hat das gesagt und Pius XII. hat das gesagt. Da kann nicht plötzlich der jetzige Papst kommen und sagen: „Die Trennung von Kirche und Staat ist gut und muss sein.„ Nein. Wenn die Vorgänger sich darüber gestritten haben, das geht, haben wir gesehen. Ein einzelner Papst kann fürchterliche Fehler machen.
Ich habe vorher angekündigt, die Frage der Sakramente. Irgendein Papst hat im Mittelalter einem Abt in Frankreich, der nicht die Bischofsweihe hatte, die Erlaubnis gegeben, Priester zu weihen. Und daraus schließt ein mir bekannter Monsignore, dessen Namen sich nicht nennen möchte, dass ein Priester theoretisch, wenn er vom Papst die Erlaubnis kriegt, Priester weihen kann. Das ist Unsinn. Dann gibt es zwischen dem Priestertum und dem Bischofsamt, wo Pius XII. gesagt hat, das ist Sakrament, die Bischofsweihe, keinen sakramentalen Unterschied mehr. Weil firmen kann ja ein Priester mit Erlaubnis. Weihen kann nur der Bischof, denn in der gesamten Kirchengeschichte hat immer nur der Bischof Priester geweiht. Und wenn jetzt ein Papst oder zwei Päpste in der Kirchengeschichte einem Abt in Frankreich ausnahmsweise diese Erlaubnis geben, heißt das nicht, dass das gültig ist. Da kann der Papst auch Fehler machen.
Glaubt ihr denn, dem Papst ist es unmöglich, etwas ungültig zu tun? Ja, selbstverständlich. Der Papst kann auch aus Versehen mit Bier die Messe feiern statt mit Wein. Dann ist es keine Messe. Es kann ja passieren. Und der Papst kann, wie wir gesehen haben, auch falsche Meinungen diesbezüglich äußern.
Es ist wichtig zu verstehen – auch das ist Lehre der Kirche und ist hier enthalten –, dass man unterscheiden muss zwischen dem Papst als obersten Lehrer der Kirche und dem Papst als persönlicher, mit seiner persönlichen Meinung. Dem Papst steht auch eine persönliche Meinung zu. Einer der Päpste hat in einem Brief geschrieben: „Ihr müsst ja unterscheiden zwischen dem, was ich als oberster Lehrer sage, und dem, was ich als ein Theologe sage. Und ich werde euch sicher nicht verurteilen, wenn ihr dort, wo ihr mit mir in einer theologischen Meinung, nicht einer Meinung seid, etwas anderes sagt. Und ich werde weder das eine besonders hervorheben, noch das andere verurteilen.„ Hier haben wir theologische Meinungen. Es gibt Fragen in der Kirche, auch mit Sakramenten. Es gibt Fragen, die sind bis heute nicht geklärt. Da gibt es zwar Meinungsmehrheiten, könnte man sagen, aber die Frage ist nicht endgültig geklärt.
Materielle vs. Formelle Häresie
Kann ich zum Beispiel frevelhafterweise dieses Weinglas hochheben mit dem Wein drinnen, die Wandlungsworte sprechen und daraus das Blut Christi machen? Ich sage: Nein, das geht nicht, weil der Rahmen der Heilige Messe nicht gegeben ist, und die Kirche das nicht tut. Aber beweisen, ich kann beweisen, dass es dafür Gründe gibt. Aber endgültig beweisen, dass das so ist, kann ich nicht. Da gibt es ernst zu nehmende Theologen, in der Minderheit, aber immerhin, die sagen: „Ja, ich kann das sehr wohl jetzt hier in das Blut Christi verwandeln durch das bloße Sprechen der Wandlungsworte.„ Meiner Ansicht nach ist das Unsinn. Da das aber nicht Dogma ist, kann ich die, die das anders sagen, nicht verurteilen. Ich kann höchstens versuchen, mit ihnen darüber zu diskutieren im vernünftigen Rahmen. Ich halte das für Schwachsinn, dass ich das einfach so machen kann, denn ich bin ja kein Sakramentenautomat. Die Kirche hat niemals außerhalb der Messe konsekriert und tut das daher nicht. Also kann ich nicht die Intention haben, das zu tun, was die Kirche tut, wenn ich etwas tun will, was die Kirche nicht tut. Die Kirche tut das nicht, außerhalb der Messe konsekrieren. Im Kirchenrecht steht drin, dass das Unrecht ist, göttliches Unrecht, also Sakrileg. Aber das Kirchenrecht gibt darauf keine Definition. Wir sehen, es gibt Fragen, die sind strittig und da kann der Papst mit persönlicher Meinung wahren. Nicht aber in den bereits genannten Dingen.
Und hier gehen wir jetzt endlich zurück auf das Dogma der Unfehlbarkeit selbst, das in der 35. Ausgabe Denzinger-Schönmetzer, Seite 595 zu finden ist. Und ich möchte unbedingt eingehen auf den Glaubenssatz Nr. 3070 in diesem Dogma, wo es heißt: Es sind vier Kapitel. Diese dogmatische Konstitution, die also für ewig definiert, was der Papst jetzt tun darf und was er nicht tun darf und worin die Macht des Papstes besteht, schreibt also im ersten Kapitel darüber, dass der apostolische Primat schon dem Petrus gehört hat. Im zweiten Kapitel darüber, dass sich dieser Primat immer fortgesetzt hat. Im dritten Kapitel darüber, wie das jetzt aussieht, der päpstliche Primat, und im vierten Kapitel dann die Unfehlbarkeit. Und hier heißt es:
„Non enim Petri Successoribus Spiritus Sanctus promissus est, ut eo revelante novam doctrinam proferrent, sed ut eo assistente revelatam per Apostolos revelationem seu fidei depositum sancte custodirent et fideliter exponerent.„
Auf Deutsch: „Der Heilige Geist ist aber den Nachfolgern des Petrus nicht versprochen worden, damit sie unter seiner Offenbarung eine neue Lehre verkünden, sondern damit sie unter seiner Hilfestellung die von den Aposteln überlieferte Offenbarung, also das Glaubensgut, das Depositum Fidei, heilig bewahren und getreu auslegen.„ Der Papst kann also, wie im Dogma drinnen steht, nicht eine neue Lehre verkünden, sondern er muss das, was zum Glaubensgut der Kirche gehört, heilig bewahren, mit heiligem Ernst bewahren, heißt das, und getreu auslegen. Das ist Dogma.
Kritik an Johannes Paul II. und dem Zweiten Vatikanischen Konzil
Und was macht der jetzige Papst? Er schreibt den fünften Absatz von Ecclesia Dei, dem schändlichsten Dokument der Kirchengeschichte. Im fünften Absatz dieses Dokuments vom 2. Juli 1988 schreibt er: „Von den Schwierigkeiten der Gläubigen…‟ Ist ja rührend. „Von den Schwierigkeiten der Gläubigen, die halt Schwierigkeiten haben mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, weil einige Punkte dieser Lehre vielleicht neu sind.‟ Er hat die Frechheit, das auch noch zu sagen, dass es also neue Punkte bezeichnet. Er sagt nicht „neue Aspekte‟, also neue Blickpunkte in der Lehre. Er sagt: „Neue Punkte in der Lehre.‟ Und das ist gegen die definierte Lehre von Dei Filius beim Ersten Vatikanischen Konzil (Denzinger-Schönmetzer, Nr. 3020), wo der heilige Vinzenz von Lérins zitiert wird, der in der Interpretation dessen, wie hat man mit einem Dogma umzugehen? Es ist klar, dass wir im Laufe der Zeit viel zugelernt haben in der Kirche. Aber wie ist das zu verstehen? Das ist zu verstehen durch Reduzierung. Dort, wo vorher zwei Lösungen möglich waren, ist nach der dogmatischen Verkündung nur noch eine möglich. Durch Reduzierung wird die Lehre der Kirche vertieft. Durch Verengen wird sie vertieft. Das heißt, durch Präzisieren wird sie vertieft. Der Unterschied zwischen der Skizze am Papier, wo man eine Linie so zieht, und der mit dem Lineal klar gezogenen Linie auf einem Plan. Genau das ist ein Dogma. Die Präzisierung dessen, was man vorher gewusst hat, aber halt nicht so genau gewusst hat. Und da sagt der heilige Vinzenz von Lérins: „Natürlich wächst dieses Verständnis der Tradition, aber immer ‚eōdem sēnsū, eōdemque sententiā’ im selben Sinn und immer im selben Urteil.„ Das ist Nr. 3020: Immer im selben Sinn, immer im selben Urteil.
Und dann kommt der jetzige Heilige Vater daher und sagt: „Die Tradition kennt einen Fortschritt, der durch das Studium der Gläubigen und das innere Meditieren der eigenen Glaubenserfahrungen wächst.„ Das ist schlecht bei dieser Definition. Das ist Dei Verbum aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil und der Heilige Vater zitiert es in Ecclesia Dei von 1988 gegen den, wie er sagt, falschen Traditionsbegriff von Monsignore Lefebvre. Monsignore Lefebvre hat das Erste Vatikanische Konzil zitiert, und das ist ein Dogma. Monsignore Lefebvre war bis auf die eine Ausnahme, die ich am Schluss des Vortrages bringen werde, normalerweise ein sehr unorigineller Theologe, der zu Recht gesagt hat, den heiligen Paulus zitierend: „Tradidi vobis quod et accepi‟ (Ich habe euch gegeben, was ich empfangen habe). Die Aufgabe von Monsignore Lefebvre, die ihm die Vorsehung gegeben hat, die Kirche zu retten, war, das getreu, wie’s hier steht, für den Papst heilig zu bewahren und getreu auszulegen. Nichts Neues, keine neuen Punkte in der Lehre, wie der jetzige Papst sagt. Keine Tradition, die jetzt plötzlich von den Gläubigen ergänzt wird und nicht mehr vom Papst in der Assistenz des Heiligen Geistes.
Und dieses Dogma wird dann interpretiert, und da seht ihr nämlich, dass der Papst Regeln unterworfen ist und dass der Papst selber gesagt hat, der Pius IX., derselbe gesagt hat: „Ja, der Heilige Vater ist Regeln unterworfen.„ Zuerst einmal ist er vom Bischof von Brixen damals gefragt worden, der heilige Pius IX., er ist noch nicht fertig für die Heiligsprechung, aber beim jetzigen Papst kann man dreimal darauf wetten, was passieren wird. Er ist gefragt worden: „Was passiert, Heiliger Vater? Sie wollen jetzt die Unfehlbarkeit zum Dogma machen. Was ist aber jetzt, wenn ein zukünftiger Papst eine Häresie verkündet?‟ Dann hat Pius IX. gesagt: „Ist ja einfach, dann folgt ihr ihm einfach nicht.„ Dieses Zitat ist zu finden in der berühmten Zitatensammlung von Mansi, Nr. 52, 1212-1214. Dort findet man dieses Zitat von Pius IX. an den Bischof von Brixen, der das dann beim Ersten Vatikanischen Konzil, der das dann auch im Rahmen der Dogmaverkündung gelesen hat, vor dem Konzil.
Und dann haben die deutschen Bischöfe eine Zirkulardepesche veröffentlicht. Zunächst einmal nur die deutschen Bischöfe. Das würde uns jetzt hier nicht interessieren, denn wir müssen eins verstehen: Wehe dem, der dem Heiligen Vater widerspricht und dabei nicht Konzil, Glauben der Kirche oder Päpste zitiert. Ich kann nicht den Heiligen Vater mit einem Theologen widerlegen, auch nicht mit dreihundert Bischöfen gleichzeitig. Vorsicht! Ich kann den Heiligen Vater nur widerlegen, wenn ich beweise, das ist Glaube der Kirche und damit seine Vorgänger zitiere und die Konzile. Also ist es notwendig, dass dieser Brief der Deutschen Bischofskonferenz, äh, 1875 veröffentlicht, vom Heiligen Vater Pius IX. persönlich bestätigt worden ist. Und das ist jetzt amtskirchliche Lehre.
Und hier finden wir eine recht interessante Formulierung. Normalerweise hätte man erwartet, dass Bischöfe sagen, wenn das und das passiert, dann kann der Heilige Vater, wenn er will, natürlich was unternehmen. So steht das nicht da. Hier steht: „Nach dieser Lehre der katholischen Kirche ist der Papst Bischof von Rom, nicht Bischof irgendeiner anderen Stadt oder Diözese, nicht Bischof von Köln oder Breslau und so weiter. Aber als Bischof von Rom ist er zugleich Papst, das heißt Hirt und Oberhaupt der ganzen Kirche, Oberhaupt aller Bischöfe und aller Gläubigen. Und seine päpstliche Gewalt lebt nicht etwa in bestimmten Ausnahmefällen erst auf, sondern sie hat immer und allezeit und überall Geltung und Kraft. In dieser seiner Stellung hat der Papst darüber zu wachen, dass jeder Bischof im ganzen Umfang seines Amtes seine Pflicht erfülle. Und wo ein Bischof behindert ist oder eine anderweitige Notwendigkeit es erfordert, da hat der Papst das Recht und die Pflicht, nicht als Bischof der betreffenden Diözese, sondern als Papst, alles in derselben anzuordnen, was zur Verwaltung derselben gehört.„ Diese Bischöfe sagen nicht, es ist dem Ermessen des Papstes freigestellt zu handeln. Sie sagen, der Papst hat das zu tun, er hat darüber zu wachen. Er hat hier das Recht und die Pflicht zu handeln. Und das hat Pius IX. akzeptiert.
Wir sehen also, dass der Stellvertreter Christi sehr wohl den Regeln eines Stellvertreters unterliegt. Und wenn der Heilige Vater daher vermeint, er kann, der Jetzige nämlich, etwas behaupten, was gegen die Lehre der Kirche ist. Ich habe euch, glaube ich, ein Beispiel geliefert, das sich gelohnt hat. In einer Ansprache drei Häresien in einem Satz. Ich habe euch ein anderes Beispiel geliefert mit Ecclesia Dei, in dem kürzesten Dokument, das er je verfasst hat. Drinnen ist die Häresie des falschen Traditionsbegriffs vom Zweiten Vatikanischen Konzil, drinnen ist die Häresie gegen das Dogma der Unfehlbarkeit, weil sie neue Punkte in der Lehre gibt. Das kann es nicht geben. Und wo drinnen ist zum Beispiel ein Irrtum in moraltheologischer Frage, der zweitausend Jahren Tradition widerspricht. Wo nämlich der Heilige Vater sagt, dass die illegitime Bischofsweihe, die unerlaubte Bischofsweihe, ein in sich schismatischer Akt ist. Die Kirche hat zweitausend Jahre lang das Gegenteil gesagt. Die Kirche hat immer gesagt, das ist verboten, aber das ist nicht schismatisch. Weil wenn es nämlich schismatisch wäre, dann hätte da die Exkommunikation immer schon Strafe sein müssen. Aber bis 1946 war die unerlaubte Bischofsweihe mit der Amtsenthebung bedroht, nicht mit der Exkommunikation. Folglich kann das auch kein Verbrechen gegen die Einheit der Kirche sein. Und im neuen Kirchenrecht von 1983, das der jetzige Papst veröffentlicht hat, wird die unerlaubte Bischofsweihe genannt unter ferner liefen, nicht unter den Verbrechen gegen die Einheit der Kirche. Trotzdem hat er dann aber die unerhörte Frechheit, in dem Dekret Ecclesia Dei zu sagen, das ist ein in sich schismatischer Akt. Ich nenne das Frechheit. Das ist eine Frechheit, weil die Gläubigen hier belogen werden. Wenn der Heilige Vater die Gläubigen belügt, wem kann ich dann noch glauben? Seinen Vorgängern. Das tun wir auch. Wir glauben seinen Vorgängern. Bis Pius XII., meine ich natürlich.
Ihr habt also gesehen, dass es dem Papst nicht möglich ist, gewisse Dinge in der Kirche zu ändern, gewisse Dinge zu bestimmen und gewisse Dinge seiner Vorgänger zu ignorieren. Sei es jetzt die Frage der Heiligen Messe, sei es jetzt das Dogma oder sei es etwas, was die Kirche immer geglaubt hat. Ich habe euch das Beispiel von Johannes XXII. genannt mit dieser Frage, ob die Seelen jetzt sofort nach dem Tod die göttliche Anschauung haben, wenn sie in den Himmel kommen oder erst nach dem Jüngsten Gericht. Und habe euch gezeigt, dass man hier einen Papst bedroht hat, dass man hier einem Papst gesagt hat: „Das kannst du nicht sagen. Du hast nicht das Recht, so einen Blödsinn zu reden‟, obwohl er nicht gegen ein Dogma gesprochen hat, sondern „nur‟, unter Anführungszeichen, gegen eine Sententia Communis, also ein theologisches Urteil, das allgemein in der Kirche gehalten wurde. Da seht ihr also, dass im Moment, wo der Heilige Vater so etwas tut, er seine Autorität verwirrt. Das Papsttum aber verliert er erst nach den Regeln der katholischen Kirche, wenn wir nämlich sagen, ein Häretiker kann ein Amt nicht innehaben. Damit ist aber gemeint, und das heißt es auch immer so, und das werdet ihr finden in allen Büchern, die über das Kirchenrecht je geschrieben wurden: Als Häretiker in diesem Sinne, im kirchenrechtlichen Sinne, nicht im theologischen, im kirchenrechtlichen Sinne ist als Häretiker nur der zu bezeichnen, der hartnäckig gegen die entsprechenden Hinweise, nach allem, was wir über einen Menschen wissen können, wissentlich an dieser Häresie festhält und sie im Gegensatz stellt zur Lehre der Kirche.
Würde der Papst also sagen, der jetzige: „Obwohl das Konzil von Trient euch gesagt hat, dass nicht jeder Mensch die Freundschaft Gottes hat, die nur im Gnadenstand zu haben ist, sage ich euch, dass es trotzdem so ist.„ Wenn er das tut, dann verliert er sein Amt. Da sind sich die Kirchenrechtler alle einig. Der heilige Robert Bellarmin hat gesagt, wenn ein Papst Häresie verkündet, also möglichst noch definieren will sogar, verliert er sein Amt. Beim jetzigen Papst ist es aber so: Er sagt: „Im Einklang mit der Tradition‟, sein falscher Traditionsbegriff, „Im Einklang mit der Tradition sage ich euch…‟ Und dann kommt etwas, was dem Konzil von Trient direkt widerspricht. Was ist das jetzt?
Nun, ich habe das einmal schon gebracht, die Unterscheidung zwischen der materiellen Häresie und der formellen Häresie. Solange ein Papst Irrtümer verkündet, ja, solange ein Papst eine Häresie aufschreibt und dann veröffentlicht, kann ich ihm die Sünde der Häresie nicht nachweisen. Ich kann sagen, der ist im Irrtum, der hat sich geirrt. Das ist Blödsinn, was er da schreibt. Ich kann ihm nicht nachweisen, dass er hier ein Häretiker werden will. Ich kann ihm nicht nachweisen, dass er hier etwas anderes sagen will als die Lehre der Kirche. Und der jetzige Papst tut das bestimmt nicht. Er betont immer wieder, dass man an der Lehre der Kirche festhalten muss. Nur weil sein Traditionsbegriff völlig falsch ist, glaubt er, dass er hier Dinge verkünden kann, die ihn, wie er sagen würde, scheinbaren Widerspruch zu dem stellen, was Glaube der Kirche ist. Wir wissen, dass es kein scheinbarer Widerspruch ist, sondern ein nachweisbarer, schriftlich nachweisbarer. Aber ich kann ihm diese Sünde der Häresie nicht nachweisen, die formelle. Dem Herrn Dr. Luther konnte man das nachweisen. Der hat gesagt: „Ich weiß darauf, was die Kirche lehrt. Ich sage euch…‟ Für Luther ist eindeutig, das ist eindeutig. Der Drewermann sagt: „Ich weiß darauf, was die…‟ – er nimmt da andere Ausdrücke, aber das wollen wir hier nicht tun – „Ich weiß darauf, was die Kirche sagt. Ich sage euch etwas anderes.„ Das ist klar. Das ist ein formeller Häretiker. Der Drewermann wäre nicht imstande, ein Amt in der Kirche innezuhaben, auch wenn es ihm gegeben wird. Er hat es nicht. Aber beim Heiligen Vater ist das anders.
Nun, ich bin heute nicht da, um über den Sedisvakantismus zu reden. Ich habe das nur kurz angeschlossen, damit ihr seht, dass man eben auf der einen Seite in den Papalismus verfallen kann, indem man sagt: „Ja, wenn’s der Heilige Vater sagt, dann wird’s schon stimmen.„ Die Zeiten sind vorbei, wo wir uns das leisten haben können, das zu sagen. Sie sind seit 1958 vorbei. Bis 1958 konnten wir in gemütlicher Faulheit leben und sagen: „Ja, na, wenn’s der Heilige Vater gesagt hat, wird’s schon passen.‟ Seit 1958 ist das sicher nicht mehr möglich, weil da Johannes XXIII. mit seinem Kirchenbegriff und seinem Ökumenismus bereits in die Häresie gegangen ist, wenn auch nicht so direkt und so deutlich wie Paul VI. dann und vor allem so direkt und so deutlich wie der jetzige Papst. Der sagt, dass man in anderen Religionen gerettet werden kann, was gotteslästerlich und häretisch ist als Meinung.
Dieser Papalismus und der Sedisvakantismus sind jetzt das, was in der Christenheit so viel Verwirrung stiftet. Die einen werden nicht fertig damit, dass der Papst Irrtümer spricht und sagen, er kann nicht Papst sein, ausgeschlossen. Er ist nicht mehr Papst. Die anderen werden nicht fertig damit, dass es möglich sein soll, dass ein Papst sich irrt. Die haben dieses Buch nicht studiert und sagen: „Na gut, dann ist das irgendwie so zu verstehen, dass der Papst zwar Recht hat, wenngleich es vielleicht unglücklich formuliert wird.„ Ich möchte da die Petrusbruderschaft nicht schon wieder erwähnen. Die sagen einem das nämlich dauernd.
Das eine ist der Papalismus, das andere der Sedisvakantismus. Ich sage es noch einmal: Sedisvakantisten sind die Leute, die meinen, der jetzige Papst ist nicht Papst. Papalisten sind diejenigen, die meinen, wie das Opus Dei und die Petrusbruderschaft und das Institut Christ König in Bayern meinen, dass der jetzige Papst kein Häretiker ist, sich nicht geirrt hat und das Zweite Vatikanum nicht in Häresie ist und Recht hat.
Kritik an den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils
Nun, dass das Zweite Vatikanum in Häresie ist, dazu genügt es zu zitieren, das Religionsfreiheitsdekret, die Dignitatis Humanae, wo drinnen steht, in Kapitel zwei und drei, dass der Mensch das Recht hat, sich seine Religion auszusuchen und das Ökumenismus-Dekret, wo drinnen steht, dass der Herr Jesus Christus sich nicht scheut, den Bemühungen anderer Kirchen auch Heil zu geben. Was der Papst an die Katechese redend Nummer 32 zitiert, wo er wortwörtlich sagt: „Quorum opera spiritus christi non renuit uti tandem salutares.„ Für die Bemühungen der protestantischen Kirche scheut sich Christus nicht, das Heil zu bringen. Das ist direkte, klare, unwiderlegbare Häresie gegen das Konzil von Florenz, gegen das Konzil von Trient und gegen das Erste Vatikanische Konzil und gegen die gesamte Lehre der Kirche durch zweitausendjährige Geschichte, gegen den Glauben der Kirche, was er hier sagt.
Christus ist nicht fähig. Ich weiß, was ich sage. Die Allmacht Gottes ist nicht absurd. Gott kann sich nur einmal entscheiden. Und Christus hat sich selbst gebunden. Natürlich bindet er sich, nicht wir. Christus ist nicht fähig, den Bemühungen der protestantischen Kirchen Heil zu geben. Ob ein Protestant jemals in den Himmel gekommen ist, das weiß Gott alleine. Im Himmel gibt es sicher nur Katholiken, das steht fest. Aber ob er sich dann noch bekehrt hat rechtzeitig und so, das wissen wir ja nicht. Aber den Bemühungen der protestantischen Kirchen, die häretische und schismatische Sekten sind, kann Christus das Heil nicht geben. Das ist gegen das einzige Dogma in der katholischen Kirche, das mehr als fünfmal definiert worden ist. Und trotzdem schreibt der Papst das wortwörtlich. Aber er sagt nicht, dass er hier im Gegensatz zur Tradition stehen will. Er sagt nicht, dass er hier im Gegensatz zum Konzil von Florenz stehen will. Seht ihr?
Die Kirchenkrise verstehen: Erzbischof Lefebvres Perspektive
Und mit dieser Verwirrung, ihr habt gemerkt, mein Vortrag war trotz der Fähigkeit, die mir der liebe Gott gegeben hat, gut zu erklären, nicht überall leicht zu verstehen. Und mit dem wird jetzt ein großer Teil der Gläubigen auf der einen Seite verstandesmäßig nicht fertig, weil natürlich dem einfachen Gläubigen nicht zugemutet werden kann und darf, dieses Buch studiert zu haben. Auf der anderen Seite wird der einfache Gläubige sehr oft theologisch nicht fertig damit. Und ich habe mich Jahre hindurch bei all den Doktoraten und akademischen Titeln, die ich habe, und den viereinhalbtausend Büchern, die ich in meinem Leben gelesen habe, ein Jahrzehnt lang gefragt: Wie ist das möglich, dass der Heilige Geist so eine fürchterliche Kirchenkrise zulässt?
Und die Antwort kommt, und das war sogar für mich, der ihn hochverehrt, sogar für mich überraschend, diese Antwort kommt von Erzbischof Lefebvre in seiner Predigt vom 29. Juni 1982 in Écône anlässlich der Priesterweihen, wo der Erzbischof eine Erkenntnis gehabt hat, die meiner bescheidenen Meinung nach nur ein Heiliger haben konnte. Er hat sogar, herzig wie er war, vorher noch einen Pater gefragt: „Sagen Sie, wo würden – kann man darüber überhaupt predigen?„ Er war selber also irgendwie schockiert von dem, was er hier gesehen hat.
Die Kirche leidet wie Christus
Und er hat gesagt: „Ja, die Gläubigen sind mit dem Leiden Christi halt nie fertig geworden.„ So wie damals so viele Gläubige mit dem Leiden Christi nicht fertig geworden sind und gesagt haben: „Jemand, der so gelitten hat, kann nicht Gott sein.‟ Das waren die Arianer, die arianische Häresie, die der heilige Athanasius bekämpft hat. Und so wie später dann andere Gläubige mit diesem Leiden Christi nicht fertig geworden sind, so haben dann die Monotheleten gesagt und die Monophysiten: „Ja, jemand, der so gelitten hat, kann nicht Gott sein. Christus ist aber Gott, also war er nicht wirklich Mensch und sein Leiden war nicht wirklich.„ Das waren die Häretiker, die Monophysiten und die Monotheleten, gegen die sich der Papst Honorius schuldig gemacht hat. Und allerdings fällt mir kein Heiliger ein, der jetzt in dem Fall dagegen gekämpft hätte. Die Sache hat sich dann selber erledigt, Gott sei Dank, und ist durch Konzil und Päpste erledigt worden.
Und so, sagte Erzbischof Lefebvre, werden die Gläubigen heute mit dem Leiden Christi nicht fertig. Sie können es nicht verstehen. Sie können es nicht akzeptieren, dass der mystische Leib Christi, dass die Braut Christi, die katholische Kirche heute so einem fürchterlichen Leiden unterworfen ist. Und sie leugnen daher entweder die menschliche Seite der Kirche, indem sie wie die Papalisten, wie die Petrusbruderschaft, wie das Institut Christ König und ähnliche Spinner sagen, indem sie die Göttlichkeit des Papstes überhöhen und sagen, der Papst kann sich nicht irren. Das ist gegen die Unberührbarkeit der Kirche und vergessen die menschliche Seite der Kirche. Sie vergessen die menschliche Seite. Sie vergessen, dass der Papst den Heiligen Geist nur unter bestimmten Umständen garantiert hat. Sie überhöhen daher, da die Kirche doch göttlich ist und menschlich, diese göttliche Seite.
Göttliche und menschliche Seite der Kirche
Und dann kommen die Sedisvakantisten, und die überhöhen jetzt die menschliche Seite, indem sie sagen: „Jemand, der sich irrt, der kann nicht Papst sein.„ Sie vergessen also, dass dieses Gleichgewicht in der Kirche zwischen Gott sein und Mensch sein, wie es in Christus ist, ein Gleichgewicht ist, dass also, wenn diese menschliche Seite versagt, die göttliche nicht untergeht, die göttliche nicht aufhört. Und genau das ist die Antwort darauf, wie wir diese Kirchenkrise zu sehen haben.
Wenn ich euch sage, dass mich das so überrascht hat, dann deswegen, weil er normalerweise immer nur, ich möchte fast sagen, in Respekt sagen, aber doch immer nur und fast schon langweilig alles wiederholt hat, was die Kirche eben sagt. Hier hat er aber eine Einsicht gehabt, die meiner Ansicht nach zu den Tiefsten gehört, die in den letzten fünfzig Jahren irgendein Mensch gehabt hat. Und es ist die Antwort darauf: Wie ist das möglich, dass der Papst Papst ist und Häretiker? Wieso es möglich ist, dass der Papst Papst ist und sich schismatisch, also gegen die Einheit der Kirche verhält? Wieso es möglich ist, dass der Papst gleichzeitig Stellvertreter des Chefs der katholischen Kirche ist und gleichzeitig Oberhaupt einer gnostischen Sekte? Ich habe an anderer Gelegenheit erklärt, warum die Konzilskirche, wie Bischof so schön gesagt hat: „Das ist eine gnostische Sekte.„ Warum sie eine gnostische Sekte ist? Das ist ein anderer Vortrag, der euch bei anderer Gelegenheit gebracht wird. Warum es also möglich ist, dass der Papst gleichzeitig Stellvertreter Christi, Oberhaupt der katholischen Kirche auf Erden ist und gleichzeitig Chef einer gnostischen Sekte.
Jetzt im Nachhinein sage ich: „Ach ja, aber…‟ Aber ich gestehe euch ein, bevor ich diese Predigt vom Erzbischof, die ich vor kurzem auf YouTube aufgenommen habe, weil mich der hochwürdige liebe Pater darum gebeten hat, muss ich ehrlich sagen, wie ich das erste Mal das Buch „Damit die Kirche fortbestehe‟ durchgelesen habe. Und ich habe es gelesen. Habe ich das übersehen. Das ist einfach nur übersehen. Das ist so eine nette Predigt, habe ich nachher gesagt. Es war halt zum Überlesen ein bisschen zu tief. Und wie ich das jetzt aufmerksamst lesen musste, da ich ja da beim Lesen ins Mikrofon hinein möglichst wenig Fehler machen muss, damit dann der arme Herr Biche, der das ausarbeitet, nicht zu viel Arbeit hat am Digitalgerät, habe ich das natürlich mit größerer Aufmerksamkeit gelesen. „Hah, Jesus na, das ist die Antwort.„
Natürlich. So wie Christus am Kreuz wirklich gelitten hat, ohne dass an der Gottheit etwas gerührt wurde, so leidet die katholische Kirche jetzt wirklich, ohne dass an ihrer unfehlbaren und unberührbaren Göttlichkeit etwas gerührt wird. Wie Christus am Kreuz gestorben ist, da hat die menschliche Natur Christi einen schweren Schlag erlitten. Die göttliche, die kann von nichts berührt werden. Die göttliche Natur ist logischerweise, dazu brauche ich nicht einmal die Offenbarung, um das zu wissen, die göttliche Natur ist vollkommen unveränderlich, absolut und vollkommen unveränderlich, weil sie nämlich unendlich und absolut und vollkommen einfach ist. Was vollkommen einfach ist, kann sich auch nicht ändern.
Und damit habe ich euch hoffentlich eine ausreichende Antwort geliefert. Das heißt, ich habe es aus der Kirchengeschichte und aus der Theologie gemacht, Erzbischof Lefebvre aus der Sicht, wie ich glaube, sagen zu dürfen, aus der Sicht eines Heiligen, die Antwort gegeben: Wie ist das möglich, dass diese Kirche so leidet? Wie ist es möglich, dass sie so leidet und doch perfekt ist? Die Kirche ist die Societas Perfecta auf Erden, die perfekte Gesellschaft auf Erden. Sie ist nicht das Volk Gottes, wie heute häretisch definiert wird und im Kirchenrechtsbuch steht. Sie ist eine Societas Perfecta, die perfekte Gesellschaft. Aber das ist die göttliche Seite. In der menschlichen Seite kann sie leiden. Und wenn von dreitausend Bischöfen zweitausendneunhundertvierundneunzig Bischöfe Häretiker sind, ändert das nichts an der Göttlichkeit der Kirche, nichts an der Sichtbarkeit der Kirche, nichts an der Unfehlbarkeit der Kirche. Danke schön.
Schlussbemerkung und Fragen
Zuhörer 1: Wenn die Kirche jetzt so gefährdet ist, also wie viel Leid Jesus. Ist doch jetzt eigentlich unsere Aufgabe, jetzt in die Kirche zu gehen, um ihn zu trösten.
Dr. Hesse: Richtig, richtig. Das ist vollkommen richtig. Ich bin einmal gefragt worden…
Zuhörer 1: Das Schwert hat immer zwei Kanten.
Dr. Hesse: Nein, das geht nicht. Das Schwert der Wahrheit muss immer gezogen werden. Christus hat nicht gesagt: „Ich bin gekommen, den Frieden zu bringen.„ Er hat das Gegenteil gesagt: „Non veni pacem mittere, sed gladium.‟ Ich bin gekommen, nicht den Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Und ich kann nicht Gott und Christus lieben, der die Wahrheit ist, wenn ich die Wahrheit verletze.
Zuhörer 1: Aber der erste Papst Petrus hat sich doch auch schon geirrt.
Dr. Hesse: Richtig, genau. Das habe ich ganz vergessen, das Beispiel. Daraufhin hat ihn Paulus dann zurechtgewiesen.
Zuhörer 1: Er hat nämlich gesagt, äh: „Ich werde dich nicht verleugnen, Jesus.„ Und er hat es aber trotzdem dann mal gemacht.
Dr. Hesse: Das war nicht Irrtum, das war Sünde. Hier ist die Sünde das Wichtige. Er hat sich geirrt wie beim Apostelkonzil in Jerusalem. Petrus hat gesagt, dass man Heiden nicht konvertieren kann, sondern nur Juden. Hat Paulus ihn angeschaut und gesagt: „Bist du verrückt?„ Christus hat gesagt: „Gehet hin in alle Völker, in alle Welten, taufet alle Völker.‟ Dann hat Petrus drüber nachgedacht, sich am Kopf gekratzt und gesagt: „Paul, du hast Recht.„ Schon Petrus hat sich geirrt. Danke für diese Mitteilung. Die habe ich ganz vergessen. Petrus schon hat sich geirrt. Hat auch nicht aufgehört, Papst zu sein, denke ich.
Zuhörer 1: Alle dreihundert Jahre hat er den gleichen Fehler gemacht.
Dr. Hesse: Ganz richtig. Daher muss man auch akzeptieren, dass der jetzige Papst Fehler macht und nicht gleich deswegen aufhört, Papst zu sein.
Zuhörer 1: Danke, dass wir da gefragt sind. Für diese erlösende Abklärung dieses ganzen Problems.
Dr. Hesse: Und dankt mir nicht, sondern Erzbischof Lefebvre.